Alstom: IG Metall und Betriebsrat fordern Schutzschirm für Jobs, aber nur Vorstandschef Wulf bekommt einen neuen Vertrag – vorzeitig
Job-Garantie nur für den Chef
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kros
Mannheim. Während die Alstom-Konzernleitung in Deutschland alle Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung kündigen will, erhält ihr oberster Chef, Alf Henryk Wulf (Bild), eine Vertragsverlängerung - sogar vorzeitig. Der Kontrakt mit dem Vorstandsvorsitzenden der Alstom Deutschland AG sei bereits Ende April, also wenige Tage nach Bekanntwerden der Übernahmepläne für Alstom, um weitere drei Jahre verlängert worden, bestätigte eine Sprecherin gestern. Dies sei zum "frühestmöglichen Zeitpunkt" geschehen. Die Verträge der übrigen Vorstände seien dagegen "noch nicht verlängerungsfähig" gewesen und blieben deshalb zunächst unverändert. Derzeit tobt ein Übernahmekampf um Alstom: Sowohl der US-Konzern GE als auch Siemens haben Interesse bekundet.
Man habe mit Wulfs neuem Vertrag "in Zeiten des Wandels zur internen und externen Stabilität beitragen" wollen, sagte die Sprecherin zur Begründung. Alstom-Aufsichtsratschef Klaus Mangold sprach von einem "besonderen Vertrauensbeweis des Unternehmens".
Der bleibt der Belegschaft und damit auch den rund 1800 Alstom-Mitarbeitern in Mannheim dagegen wohl verwehrt: Nur zwei Wochen nach Wulfs Vertragsverlängerung hatte die Alstom-Konzernleitung mitgeteilt, dass man "wegen der aktuellen Bedingungen in den Absatzmärkten zunächst die bestehende Beschäftigungssicherung nicht über den 31.12.2014 hinaus verlängern" könne. Das sorgte auch gestern in Mannheim für Aufregung: "Unsere Arbeits- und Ausbildungsplätze sind massiv bedroht", heißt es auf einem Flugblatt, das die IG Metall und der Alstom-Betriebsrat verteilt haben. Darauf fordern sie einen dauerhaften "Schutzschirm für alle Standorte und Arbeitsplätze".
Wulf hat guten Ruf
Neue Zusagen könne die Unternehmensleitung aber nicht machen, lehnte Alstom das Ansinnen umgehend ab. Stattdessen sollen die Gespräche zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretern zur Vorbereitung der nächsten Schritte weitergehen. Bis Ende Juni hat das Management Zeit, die 2011 getroffene Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung zu kündigen. Angesichts des laufenden Übernahmekampfes um Alstom sei eine solche Maßnahme "unerhört", hatte sich der Mannheimer IG Metall-Chef Reinhold Götz unlängst beschwert. Die Belegschaft sei "total verunsichert".
Grundsätzlich genießt der 51-Jährige Wulf in Mannheim keinen schlechten Ruf. Er kümmere sich hauptsächlich ums operative Geschäft, halte sich aber aus der von Paris geforderten Restrukturierung weitgehend heraus, war gestern zu hören. Und das sei doch besser, als wenn die Franzosen möglicherweise "einen harten Hund zur Sanierung nach Mannheim schicke".
Was mit Wulfs Posten im Falle einer Übernahme von Alstom passiert, ist freilich offen. In der Regel tauscht der Käufer eines Unternehmens die Spitzenkräfte zügig gegen die eigenen Leute aus. Der frisch abgeschlossene Vertrag dürfte aber Wulfs Chancen auf eine gute finanzielle Abfindung erhöhen. Oft wird den Managern nach einem Eigentümerwechsel das Gehalt für die Restdauer des Vertrags ausbezahlt.
© Mannheimer Morgen, Dienstag, 27.05.2014