Alstom: Konzernchef Kron verteidigt Wegfall des Kündigungsschutzes / General Electric verspricht in Frankreich 1000 neue Stellen
Betriebsrat lehnt Siemens und GE ab
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kros
Mannheim. Der Konzernbetriebsrat von Alstom in Deutschland hat sich im Übernahmekampf um den französischen Konzern gegen beide Interessenten – Siemens und General Electric (GE) – ausgesprochen. „Der Konzernbetriebsrat bevorzugt keinen der beiden Übernahmekandidaten”, heißt es in einem Flugblatt, das an alle Mitarbeiter in Deutschland verteilt wurde. Zwar „soll uns glauben gemacht werden, dass GE die erste Wahl für unsere Zukunft sei”. Tatsächlich gehe es dem US-Konzern aber nur um „Gewinnmaximierung”. Der Konzernbetriebsrat spricht von einer „Diktatur der Zahlen” bei den Amerikanern. Tarifverträge und Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung seien für GE „ein rotes Tuch”. Die Bildung von Gremien zur Arbeitnehmervertretung werde „verhindert”.
Aber auch eine Übernahme durch Siemens sei „keine Alternative”. Aufgrund der fast identischen Geschäftsaktivitäten werde das einen „radikalen Personalabbau und Standortschließungen” zur Folge haben. Der Konzernbetriebsrat könne sich lediglich mit einer Übernahme anfreunden, die „Arbeitsplatzsicherungen an weltweit allen Standorten der beteiligten Unternehmen” bringe.
1000 zusätzliche Jobs von GE
Unterdessen geht das Tauziehen um Alstom in die entscheidende Phase. Bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande am Mittwoch in Paris versprach GE-Chef Jeffrey Immelt, in den kommenden drei Jahren 1000 zusätzliche Arbeitsplätze in Frankreich zu schaffen. Konzernbetriebsrats-Chefin Elisabeth Möller wundert das nicht: „Das war zu erwarten”, sagte sie gestern. „GE versucht alles nach Frankreich zu vergeben, nur um den Zuschlag zu bekommen”. Das gehe dann aber letztlich zulasten der anderen Standorte – auch in Deutschland. Alstom beschäftigt in Mannheim rund 1800 Mitarbeiter.
Siemens hatte bislang nur zugesagt, die Mitarbeiterzahl in Frankreich in den kommenden drei Jahren konstant zu halten. Konzernchef Joe Kaeser hat sich gestern zurückhaltend über eine mögliche Übernahme von Alstom geäußert. „Wir wägen weiterhin die Chancen und Risiken ab”, sagte er vor Investoren in New York. Alstom habe eine gute installierte Basis an Gas- und Dampfturbinen. Es stelle sich aber im Bereich der reinen Dampfturbinen die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Stromerzeugung auf Kohlebasis.
GE hat bislang 12,35 Milliarden Euro für Alstom geboten. „Wir haben ein gutes Angebot vorgelegt”, sagte Immelt nach seinem Treffen mit Hollande. GE wolle mit Alstom einen echten Weltmarktführer mit Sitz in Frankreich schaffen.
In Mannheim kämpfen die Alstom-Mitarbeiter schon seit Wochen verzweifelt um ihre Jobs. Momentan sind sie noch durch eine 2011 abgeschlossene Standort- und Beschäftigungssicherung geschützt. Die Konzernleitung plant allerdings, diese in Kürze zu kündigen. Bei einer außerordentlichen Sitzung des europäischen Betriebsrates am Dienstag verteidigte Konzernchef Patrick Kron diese Maßnahme. Die Kündigung sei aufgrund der schwachen Entwicklung auf den Absatzmärkten nicht zu vermeiden, sagte er. Im Übrigen hätte man diesen Schritt auch ohne den laufenden Übernahmekampf gehen müssen.
Streit gibt es in Mannheim auch um den beschlossenen Verkauf der Alstom-Wärmetauschersparte an den Finanzinvestor Triton zum 1. August. Über die fällige Ausgliederung dieses Bereichs mit seinen rund 130 Mitarbeitern aus dem Standort Mannheim soll nach Angaben des Betriebsrates ab Mitte Juni eine Einigungsstelle entscheiden. Erfahrungsgemäß kann sich ein solches Verfahren aber über Monate hinziehen. Der Betriebsrat hält es daher für möglich, dass sich der Verkauf verzögert, vielleicht sogar gefährdet ist.
© Mannheimer Morgen, Freitag, 30.05.2014