Landesarbeitsgericht: Kündigung des Logistikunternehmens unwirksam

Rhenus unterliegt Betriebsrat

Von unserem Redaktionsmitglied Daniel Bernock

Mannheim. Die Erleichterung ist Sebastian C. anzusehen. Gerade hat ihm das Landesarbeitsgericht Recht gegeben und eine Kündigung von seinem Arbeitgeber Rhenus Logistics gegen ihn für unwirksam erklärt. „Ich war etwas nervös aber habe eigentlich mit diesem Urteil gerechnet”, sagt er vor dem Sitzungssaal. „Wir sind ja schließlich nicht in einer Bananenrepublik, wo Unternehmen mit ihren Mitarbeitern machen können, was sie wollen”.

Sein Mannheimer Arbeitgeber Rhenus Logistics hatte ihm vor über einem Jahr gekündigt – weil er aktiv für die Rechte seiner Kollegen gekämpft hat, sagt C. Rhenus hingegen begründet die Kündigung mit einer Arbeitsverweigerung von C. Seither ist er zwar noch im Betriebsrat, arbeitet jedoch nicht mehr bei dem Logistikunternehmen und kämpft um seinen Arbeitsplatz.

Der von Rhenus angegebene Kündigungsgrund hat dem Gericht allerdings nicht gereicht. Das Landesarbeitsgericht schließt sich damit der vorherigen Instanz an und weist die Berufung „auf Kosten der Beklagten zurück”.

Bei Rhenus ahnte man anscheinend schon die Niederlage, kein Unternehmensvertreter ist zu der Verkündung des Urteils erschienen. Dafür zeigen sich umso mehr Betriebsräte der Region solidarisch mit C. Nicht nur von Rhenus, auch von Alstom und Nora Systems sind Arbeitnehmervertreter im Landesarbeitsgericht erschienen.

„Der Druck auf aktive und damit für Unternehmen unbequeme Betriebsräte nimmt zu”, ist die einhellige Meinung der anwesenden Betriebsräte. „Vor allem prekär Beschäftigte wie Leiharbeiter sind eingeschüchtert und haben Angst, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen”, sagt Wolfgang Alles von Alstom.

Wie es nun für C. genau weiter geht, ist auch ihm noch nicht klar. Über seinen Anwalt werde er nun an Rhenus schreiben und „seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen”, sagt er. Er wolle endlich wieder zurück zu seinen Kollegen.

Hintergrund des Rechtsstreit ist ein Vorfall aus dem letzen Jahr: Wegen schlechter Luft in einer Lagerhalle öffnet C. ein Tor. Daraufhin erhält er eine Abmahnung und wird versetzt. Aus Gründen der Qualitätssicherung sei es verboten, die Tür zu öffnen, heißt es von Rhenus. Am neuen Arbeitsplatz durfte er dann nach eigener Aussage nur noch Kartons falten. Als er sich nach vier Monaten weigert, weiter die Arbeit zu verrichten, erhält er die Kündigung.

Mannheimer Morgen
7. Dezember 2011

Justiz: Arbeitsgericht prüft Rechtmäßigkeit der Kündigungen

Ex-Betriebsrat klagt gegen Rhenus

Von unserem Redaktionsmitglied Corina Merkel

Mannheim. So viele Betriebsräte aus Mannheim kommen selten zusammen. Am gestrigen Nachmittag wollten sie Solidarität zeigen. Der Grund: Ein Kollege von ihnen, Sebastian Cano-Otera, klagt seit mehreren Monaten gegen seinen Arbeitgeber, das Logistikunternehmen Rhenus in Mannheim. Mehrere Arbeitnehmervertreter vermuten, dass die Geschäftsleitung den aktiven Betriebsrat schon länger auf dem Kicker hat.

Cano-Otera arbeitet bereits seit einigen Jahren bei Rhenus. Eingestellt wurde er als Lagerarbeiter und Kommissionierer. „Diesen Beruf würde ich gerne auch weiter ausüben”, sagt er. Doch so einfach ist das nicht. Mehrere Verhandlungen zwischen Rhenus und Cano-Otera hat es mittlerweile vor dem Arbeitsgericht in Mannheim gegeben. Gestritten haben sie über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung – bislang ohne Ergebnis. Und auch bei der gestrigen Verhandlung kam es zu keiner Einigung.

Der Rechtsstreit begann Ende des Jahres 2010. Damals baute Cano-Otera – aktives Betriebsratsmitglied – mit dem Stapler einen Unfall in einer Lagerhalle des Unternehmens. Es war nicht seine Schuld, behauptete Cano-Otera. War es doch, behauptete das Unternehmen. Danach wollte die Geschäftsführung dem Angestellten das erste Mal außerordentlich kündigen. Dagegen klagte Cano-Otera – und bekam Recht. Die Kündigung wurde vom Arbeitsgericht in erster Instanz für ungültig erklärt. Bestimmte Formalitäten seien nicht eingehalten worden, lautete die Begründung.

Cano-Otera wurde daraufhin wieder eingestellt, durfte weiter im Lager arbeiten. Doch damit war die Angelegenheit nicht erledigt. Der zweite Vorfall ereignete sich 2011: In einer Lagerhalle für Lebensmittel öffnete Cano-Otera ein Tor, um frische Luft hereinzulassen. Das war im Hochsommer. Nach Angaben Cano-Oteras sei es in der Halle sehr heiß gewesen. Der Betriebsleiter erteilte dem Arbeitnehmer eine Abmahnung. In dieser Halle sei es aus Gründen der Qualitätssicherung verboten, die Tür zu öffnen, lautete die Begründung des Unternehmens.

Am nächsten Tag wurde Cano-Otera versetzt – von der Lagerhalle in eine Abteilung für Konfektionierungsarbeiten. Vorher habe er jahrelang als Kommissionierer und Lagerarbeiter gearbeitet, sagt Cano-Otera. Dabei habe er Verantwortung getragen. „Nachdem ich die Abmahnung bekommen hatte, durfte ich ab dem darauffolgenden Tag nur noch Kartons falten.” Vier Monate lang hat er diese Arbeit nun verrichtet – und sich dann Ende November geweigert. Daraufhin wurde ihm wiederholt gekündigt. Zu einer Einigung erklärte sich Rhenus ausdrücklich bereit, Cano-Otera lehnte dies aber ab. Die vorsitzende Richterin Witte prüft diese Vorfälle nun erneut und wird das Urteil kommende Woche am 6. Dezember verkünden.

Mannheimer Morgen
30. November 2011

Arbeitsplätze: Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen für Standort Mannheim bis Ende 2014 / Ausweitung der Möglichkeiten zur Altersteilzeit

Applaus für Job-Garantie bei Alstom

Alstom - Tor 1
Im Mannheimer Werk von Alstom haben sich Management und Betriebsrat geeinigt.
BILD: RINDERSPACHER

Von unserem Redaktionsmitglied Michael Roth

Mannheim. Die Mitarbeiter des Mannheimer Alstom-Werks standen auf und klatschten - minutenlang, wie manche Teilnehmer berichten. Applaus ja, aber nicht lang anhaltend, erzählen andere. Einig waren sich dann alle, dass es auf jeden Fall viel ruhiger und versöhnlicher zuging als bei früheren Betriebsversammlungen.

Gestern Vormittag haben Management und Arbeitnehmervertreter bei besagter Betriebsversammlung ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung am Standort vorgestellt, darunter der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2014. Hintergrund ist die schlechte Auftragslage. Zuletzt war der Auftragseingang im Bereich Kraftwerksneubau um mehr als 40 Prozent eingebrochen.

„Es ist ein Kompromiss, der akzeptabel ist und ich habe mich gefreut, dass das ohne größere Unruhe in der Belegschaft vonstatten ging”, sagte Thomas Fligge, Chef von Alstom Power Systems, dieser Zeitung. Allerdings gebe es auch Teile, mit denen er nicht hundertprozentig zufrieden sei. Betriebsratschef Udo Belz ist „größtenteils zufrieden”, wie er sagte. Was ihm missfällt, sind die 250 Arbeitsplätze, die am Mannheimer Standort letztlich wegfallen, wenngleich dies vollständig über Altersteilzeit ablaufe und einst die doppelte Zahl von Jobs abgebaut werden sollte. Mit bereits laufenden und jetzt vereinbarten Programmen werde die Belegschaft bis Ende 2014 noch zwischen 1800 und 1850 Mitarbeiter umfassen, so Fligge. Derzeit sei noch der Abbau von 100 Stellen ungelöst, das könne aber über erweiterte Altersteilzeit gelöst werden. Folgende Regelungen wurden getroffen:

Job-Garantie: Betriebsbedingte Kündigungen sind bis Ende 2014 ausgeschlossen. Die Regelung verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn sie weder vom Management noch vom Betriebsrat gekündigt wird. Eine Öffnungsklausel steht, anders als zuvor zu hören war, nicht im Vertrag. Auch ist die Garantie nicht an eine Personalanpassung gebunden.

Kurzarbeit: Nach zwei Jahren gesetzlicher Kurzarbeit folgen jetzt drei Monate Kurzarbeit gemäß Tarifvertrag. Dann soll es wieder eineinhalb Jahre Kurzarbeit für bestimmte Bereiche geben. Derzeit sind 350 Mitarbeiter davon betroffen, rund 300 (entspricht ungefähr 50 Prozent) in der Turbinenfabrik.

Altersteilzeit: Altersteilzeit wird auch für Mitarbeiter des Jahrgangs 1956 möglich. Bisher endete die Reglung für den Jahrgang 1955. In der Altersteilzeit kann die sogenannte Aktivphase von drei Jahren auf die Hälfte verkürzt werden. Für Rentenabzüge der Mitarbeiter in Altersteilzeit zahlt Alstom einen bestimmten Betrag auf ein Betriebsrentenkonto ein.

Ausbildung: Die Ausbildung am Standort wird fortgeführt. Laut Tarifvertrag werden Azubis nach ihrer Ausbildung ein Jahr lang übernommen. Bei Alstom werden künftig nach diesem Jahr zwei Drittel dieser Azubis weiter beschäftigt.

Innovation: Es wird ein Innovationsteam gebildet, um künftige Geschäftsfelder zu finden. Der Markt für Alstom (Kohlekraftwerke, Gaskraftwerke) leidet in Deutschland unter fehlenden politischen Entscheidungen und damit unsicheren Investitionsbedingungen nach dem Aus für die Kernenergie. Ein Thema für das neue Team könnten Blockheizkraftwerke sein. Mit diesen sind in der Region MWM (Maschinen-Werke Mannheim) und GE Jenbacher (Frankenthal) erfolgreich. Derzeit arbeiten Alstom-Ingenieure an Turbinen für Solarkraftwerke.

Die Produktion von Windenergieanlagen ist zurzeit kein Thema, der deutsche Markt gilt als hart umkämpft - mit sinkenden Margen.

Abzug aus Bammental

  • Alstom schließt seinen Standort in Bammental bei Heidelberg, wo Luftvorwärmer und Gas-Wärmetauscher fu?r Kraftwerke hergestellt werden.
  • Die rund 100 Mitarbeiter werden kurz vor Weihnachten an den Standort Mannheim umziehen. Ein Abbau von Arbeitsplätzen ist nicht vorgesehen.
  • In Bammental arbeiten die Beschäftigten in gemieteten Immobilien, in Mannheim hat Alstom genu?gend Platz fu?r die Bammentaler Bereiche.

Kraftwerksbau: Mannheimer Arbeitnehmervertreter fordern Beschäftigungsgarantie bis 2016

Gespräche über Zukunft von Alstom stocken

 

Mannheimer Mogern 18. 10. 2011
Am neuen Block des Großkraftwerks in Mannheim baut Alstom kräftig mit. Unter anderem werden Turbineneinheiten geliefert. BILD: PROSSWITZ

Von unserem Redaktionsmitglied Michael Roth

 

Mannheim. Beim Kraftwerksbauer Alstom kommen die Gespräche über eine Beschäftigungssicherung für die rund 2200 Mitarbeiter am Standort Mannheim offenbar nicht so voran wie geplant. Nächste Woche tagt der Konzernbetriebsrat, um weitere Schritte zu beraten. Knackpunkt ist derzeit die Frage der Beschäftigungssicherung. Die Konzernzentrale in Paris verweigert eine Zusage zur Beschäftigungssicherung, sagte Alstom-Betriebsratschef Udo Belz dieser Zeitung. Ein Alstom-Sprecher sagte nur, dass die Gespräche in Mannheim andauerten. Zu einem Zeitplan oder anderen Details machte er keine Angaben.

Am Alstom-Standort Salzgitter, hier werden Regionalzüge und Stadtbahnen gebaut, hatte der Konzern Anfang Juli mit den Arbeitnehmern einen Standortvertrag geschlossen, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende August 2016 ausschließt. „Dasselbe wollen wir auch”, forderte Belz für Mannheim.

Kurzarbeit in Turbinenfabrik

Er will über ein Gesamtpaket verhandeln. Wenn dieses aufgeschnürt werde, dann bestehe die Gefahr, dass verschiedene Komponenten gegeneinander aufgerechnet werden. Das wollten die Arbeitnehmervertreter auf keinen Fall. Derzeit laufen bereits Vereinbarungen zum Ausscheiden im Rahmen von Altersteilzeitprogrammen. Insgesamt sollen 480 Stellen wegfallen.

Hinzu kommt, dass in der Turbinenfertigung derzeit noch massiv kurzgearbeitet wird. Die Kapazitätsauslastung liegt bei ungefähr 50 Prozent. Hoffnungen setzen Arbeitnehmervertreter wie Belz auf das Jahr 2013. „Wenn dann der Markt wieder anzieht, werden wir auch wieder Auslastung haben.” Es fallen immerhin 20 Gigawatt an Stromproduktion durch die Stilllegung der Kernkraftwerke hierzulande weg, rechnet er vor. Hinzu komme, dass man für alternative Energien wie Wind und Solar Reserven benötige. Denn es gebe Tage, an denen kein Wind wehe und keine Sonne scheine, dann werden Kraftwerke gebraucht, die man schnell zuschalten könne. Gaskraftwerke erfüllten solche Bedingungen. „Wir werden Gaskraftwerke bauen müssen”, ist sich Belz sicher. Das wiederum bedeute Aufträge für das Mannheimer Werk.

Doch derzeit rechne sich der Bau von Gaskraftwerken nicht, weil die regenerativen Energien Vorrang bei der Einspeisung ins Stromnetz haben. Die Politik werde nicht umhin kommen, Regelungen finanzieller Art für das Vorhalten von Gaskraftwerks-Reserven zu finden. Wenn sich die Anlagen dann rechnen, werden sie auch wieder gebaut, so Belz.

Im Wettbewerb mit den Erzrivalen, Siemens aus Deutschland und General Electric aus den Vereinigten Staaten, steht Alstom nach Ansicht von Experten derzeit nicht allzu gut da. Die Fabrik von Siemens, in der Turbinen für Gaskraftwerke gebaut werden, ist dem Vernehmen nach gut ausgelastet.

General Electric investiert in Europa. Zuletzt gab der Konzern bekannt, dass ein neuartiges Gas- und Dampfturbinenkraftwerk entwickelt wurde, das dank zusätzlicher Abwärmenutzung und integrierter Solartechnik einen höheren Wirkungsgrad erzielt.

Wende könnte bevorstehen

  • Die Finanzanalysten der Deutschen Bank rechnen damit, dass die Halbjahreszahlen, die Alstom am 3. November bekanntgibt, den „Tiefpunkt der Umsatz- und Margenentwicklung” markieren du?rften. Das geht aus einer Studie hervor, die letzte Woche veröffentlicht wurde.
  • Der französische Energie- und Transporttechnik-Konzern du?rfte im Halbjahr Erlöse von 9,4 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn von 613 Millionen Euro erzielt haben.
  • Mögliche regulatorische Änderungen in Europa und den Vereinigten Staaten du?rften von 2013 und 2014 an die Auftragsentwicklung  unterstu?tzen, schreiben die Experten der Bank weiter.

Mannheimer Morgen 18. 10. 2011

Vereinbarung_1961-10-18

Oktober 1961
Widerstand gegen die Entlassung
von zehn Betriebsräten der Firma BBC

Widerstand gegen Entlassung Oktober 1961

Aus: Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Mannheim Bd. 2, hg. von der IGM-VST Mannheim, Mannheim 1993.

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